Spaniens neue Internetzensur: Polizei greift durch
Im Juli sind in Spanien neue Zensurgesetze für das Internet in Kraft getreten und jetzt greifen auch die Behörden durch und kassieren Bußgelder für unliebsame oder „respektlose“ Posts auf Domains, Blogs oder in sozialen Netzwerken. Damit will die Regierung den Bürgerprotest im Zaum halten. Die Spanier hingegen sprechen von Knebelgesetzen und starker Einschränkung der Meinungsfreiheit, dem höchsten Gut jeder Demokratie.
Langer Bußgeldkatalog für Verstöße gegen Zensurgesetze
Besonders umstritten ist das Bußgeld für sogenannte „leichte“ Vergehen, das jetzt der erste Spanier zahlen musste. In einem Interview in der Zeitung „El Mundo“ berichtet Diaz von einem Facebook-Kommentar, in dem er die spanische Polizei als „Drückeberger“ bezeichnet hatte.
Nur sechs Stunden später standen Beamte vor seiner Wohnungstür und forderten eine Geldstrafe wegen des „mangelnden Respekts gegenüber Amtspersonen“ – also Beamtenbeleidigung – ein. Die Bußgelder liegen für dieses Vergehen zwischen 100 und 600 Euro pro Person. Sie können ohne richterlichen Beschluss von der Polizei verhängt werden, was der überwiegende Teil der Bürger sehr kritisch sieht. Die Polizei kann den Begriff der Beamtenbeleidigung soweit ausdehnen, wie es gerade passt, da keine festen Vorgaben und Definitionen bestehen und alle Delikte als „Vergehen“ ahnden. So wird die Justiz umgangen und das spanische Grundrecht gleich mit.
Der Facebook Kommentator kann sich gegen die Geldbuße nicht vorgehen, auch wenn er den Kommentar nicht als Amtsbeleidigung sieht. Diaz ist also das erste „Opfer“ der neuen Willkür in Spanien und denkt, dass dieses Vorgehen abschreckend wirken und Proteste jeder Art im Keim ersticken soll.
Das Gesetz geht noch deutlich weiter. Für unerlaubte Fotos von Polizisten im Einsatz gegen Demonstranten und Passanten werden hart bestraft. Die Polizei hatte zwei CNN Mitarbeiter verhaftet, als sie Polizisten fotografierten, die auf Zivilisten einprügelten. Die Fotografen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.
Die höchsten Strafen drohen den spanischen Bürgern, die an spontanen Demonstrationen oder Sitzblockaden wegen Zwangsräumungen teilnehmen oder im Internet dazu aufrufen. Allein das Teilen eines Aufrufs oder des konkreten Termins kann ebenso wie die Teilnahmen bis zu 600.000 Euro kosten.
Machtspiele: Regierung erstickt Proteste im Keim
Nicht nur die Bürger, auch die spanische Opposition und der Europarat sehen dieses neue Gesetz der Regierung Rajoy kritisch. Rund 93 Prozent der Spanier lehnen es kategorisch ab und haben seit Monaten Massendemonstrationen gegen die Einführung zum Juli organisiert. Leider ohne Erfolg.
Die spanischen Sozialdemokraten und die Partei Podemos machen sich jetzt für eine Abschaffung des Gesetzes stark. Dies kann nur passieren, wenn die Regierung Rajoy abgewählt wird oder die Mehrheit verliert.