Domainsperre: Erdogan’s Krieg in der Domainwelt
Erdogans Kampf gegen das Internet geht in die nächste Runde. Am Ostermontag um die Mittagszeit waren die Domainplattformen Youtube und Twitter für türkische DomainNutzer nicht mehr erreichbar. Abgeschaltet auf Befehl der obersten Justizbehörde, die – wie alle anderen Behörden auch – dem direkten Befehl des türkischen Premiers Erdogan unterstellt sind.
Domain-Sperre angeblich wegen Terrorgefahr
Als offizielle Begründung wurden Terrorabwehr und Beschränkung linksextremistischer Propaganda genannt. Die Domainsperre sollte eine direkte Folge der Verbreitung eines Fotos des Istanbuler Staatsanwalts Mehmet S. Kiraz, der von Aktivisten der linksextremen DHKP-C- Gruppe als Geisel genommen wurde. Im Internet verbreitete die Gruppe ein Foto, das Kiraz zeigt, der mit einer Waffe bedroht wird. Der Staatsanwalt wurde bei dem Befreiungsversuch durch Polizei-Einheiten getötet.
Die türkische Justizbehörde nahm nach dem tragischen Vorfall umgehend Ermittlungen gegen die Medien wegen der Verbreitung des Fotomaterials auf und warf den Webadministratoren einen unverantwortlichen Umgang mit Foto- und Datenmaterial vor. Auf Anordnung mussten mehr als 160 Einträge mit dem brisanten Foto in sozialen Domain-Netzwerken gelöscht werden. Die Domainsperre von Twitter und Youtube wurde mit Fristverletzungen begründet. Angeblich waren die Fotos nicht in dem vorgegebenen Zeitrahmen von den Domainwebseitenbetreibern aus dem Netz entfernt worden.
Freies Internet in der Türkei?
Einige Stunden später war Twitter wieder online und auch die Youtube-Domain ist mitterweile wieder erreichbar. Nicht der erste Fall, denn schon in der Vergangenheit wurden Domainwebseiten, soziale Netzwerke oder andere Internetdienste von den türkischen Behörden gesperrt, sobald systemkritische Kommentare oder Berichte veröffentlicht wurden. Ausländische Beobachter sehen darin einen Affront gegen die Internet- und Meinungsfreiheit in der heutigen Domainwelt. Viele Nutzer sind deshalb kreativ und suchen nach anderen Wegen, um die gesperrten Internetdomains zu erreichen. User verbinden sich mit Twitter oder Youtube über Domain-Proxy-Server, um Domain-Sperren zu überwinden und äußern sich empört über die Maßregelung der türkische Regierung.
Meinung von Domainsmalltalk:
Es ist auffällig, dass Domain-Internetsperren oft vor Wahlen erfolgen. Im vergangenen Jahr hob das höchste türkische Gericht die Domain-Sperren gegen Youtube und Twitter auf, die vor den Kommunalwahlen verhängt wurden. Und auch jetzt ist es nicht mehr weit bis zur nächsten Wahl, denn im Juni wird das neue Parlament gewählt. Kritiker der Regierungspartei AKP sehen in den Sperren eine Maßnahme, um unerwünschte Meinungsäußerungenin der Domain-Welt zu unterdrücken. Solle dies der Fall sein, war die Sperre am Monat sicher nicht die Letzte.