Verfassungsschutz als Cyberpolizei und Datenkrake
Durch die Pannen bei der Aufklärung der NSU-Morde sind die Geheimdienste in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Nicht nur ausländische Dienste, auch der BND sind dabei sehr intransparent und verstoßen bei ihren Recherchen und Aktionen immer häufiger gegen geltendes Recht. Dabei arbeiten diese Behörden eher gegeneinander als miteinander.
Der Bundestag hat eine bessere Zusammenarbeit und Datenaustausch der internationalen Geheimdienste gefordert. Datenschützer sehen in den Überwachungen des BND eher die Verletzung der Privatsphäre und Domainfreiheit und fordern mehr Transparenz. Als Reaktion auf diese Forderungen wurde jetzt vom Bundesinnenministerium einen Gesetzentwurf vorgelegt.
Auf 76 Seiten werden Probleme in der Arbeit der Geheimdienste aufgezeigt und Lösungen vorgeschlagen. Das Problem: Der Entwurf ist als Artikelgesetzentwurf geschrieben. Das bedeutet, dass in den relevanten Gesetzen nur Sätze oder Artikel geändert wurden. Dadurch verändert sich die Aussage bestimmter Gesetze zum Teil dramatisch und für die Leser und Entscheider) ist der Entwurf nur sehr schwer verständlich.
Wichtige Punkte des Gesetzentwurfs
Das wichtigste Statement des Gesetzesentwurfs ist die neue Bedeutung der Zusammenarbeit von Geheimdiensten und Behörden auf unterschiedlichen Ebenen. Zudem sollen die Kompetenzen des BND deutlich erweitert werden, damit noch mehr Überwachungen möglich sind. Der Gesetzentwurf „legalisiert“ auch Methoden, die bisher gegen geltendes Recht verstießen. Dazu gehören u.a. Aktivitäten von V-Leuten, Datensammlungen und Datenaustausch.
Der Umgang mit den V-Leuten ist schwierig, da es sich bei diesen Personen oft um Menschen mit kriminellem Background handelt, die auch gegen Gesetze verstoßen. Nach dem neuen Entwurf sollen kriminelle Handlungen ohne Verfolgung durch das Gesetz jetzt den V-Leuten erlaubt sein. Um welche Straftaten es sich dabei handeln könnte, ist nicht klar definiert.
Bei den Datensammlungen haben die Geheimdienste erweiterte Befugnisse erhalten. Musste diese Aktionen vorher vom Kanzleramt und dem Bundesdatenschutzbeauftragten genehmigt werden, darf der BND in dringenden Fällen nun sofort mit der Datensammlung beginnen und muss erst danach eine Erlaubnis einholen. Das gilt auch für Daten von Privatpersonen. Welche Fälle „dringend“ sind, ist ebenfalls nicht klar definiert.
Das Gesetz zum Datenaustausch zwischen verschiedenen Behörden und Geheimdiensten wurde aufgeweicht, sodass jetzt Daten abgleiche zwischen Polizei und Verfassungsschutz in gemeinsamen Zentren für Terrorabwehr, illegale Einwanderung oder Internetkriminalität stattfinden können.Weiterhin werden Sätze zur Verwendung von Daten entfernt oder verändert. Interessant auch, dass mit der Änderung des Artikels 10 des Grundgesetzes, das Fernmeldegeheimnis nahezu aufgehoben und die Kommunikationsüberwachung durch den Verfassungsschutz erlaubt wird.
Domainüberwachung durch den BND
Die Erweiterung der Befugnisse des BND im Bereich Domainüberwachung soll den Behörden beim Kampf gegen Domainhacker und Cyberkriminalität helfen. Das schließt Domainphishing, Domainhacking, die Überlastung von Systemen und Webseiten sowie Angriffe auf Hardware ein. Zugleich werden – einer EU-Richtlinie zum Kampf gegen Internetkriminalität folgend – die Strafen für Domain-Cyber-Kriminelle deutlich verschärft.
Der BND wird also als Domain-Cyber-Polizei aufgestellt, die Internetnutzer und Netzwerke ausspähen darf. Experten sprechen von einem massiven Bruch der Gesetze, denn die massive Datensammlung von freien Domains verstößt gegen die Verfassung. Der BND beruft sich auf das G-10 Gesetz von 2001. Darin heißt es, dass nur 20 % der Kapazität einer Datenleitung mitgeschnitten werden darf. Kontrolle? Fehlanzeige.