Als „kritische Infrastruktur“ werden Bereiche bezeichnet, die die Bevölkerung mit Wasser, Strom, Telefon und Internet sowie versorgen. Auch Polizei, Gesundheitswesen, Regierung und Militär gehören dazu. Sie müssen besonders geschützt werden und gehören zu den „ beliebtesten“ Zielen für Hackerangriffe. Auseinandersetzungen werden heute immer öfter in den Medien ausgetragen, Hacker schalten ganze Netzwerke ab, verschlüsseln Daten, erpressen Lösegeld dafür und Aktivisten nutzen vor allem das Medium Internet für ihre Zwecke.
Die Regierungen wissen um die Brisanz der Sicherheit der kritischen Infrastruktur und jetzt kommt noch ein weiteres Segment hinzu, das nicht minder wichtig ist : Unterseekabel.
Auf dem Grund der Meere liegen mehr als 600 Kabel mit insgesamt 1,4 Millionen km Länge die die Staaten miteinander verbinden und pausenlos Daten übertragen. Der größte Teil des weltweiten Internetverkehrs läuft über diese Kabel. Nach einigen „Vorfällen“ ist die Sicherheit der Unterseekabel mehr in den Fokus der Regierungen gerückt und die Sorge wegen möglicher Sabotage und Subversion wächst.
Kabel durchtrennt: Unfall oder Sabotage?
Durch Schiffsanker oder Grundnetze sowie seismische Aktivitäten kommt es immer wieder zu Beschädigungender Unterseekabel, doch dies besorgt die Regierungen nicht übermäßig. Die instabile geopolitische Lage sorgt für die Befürchtung, dass die Kabel gekappt werden könnten, um die Kommunikation zwischen den Kontinenten oder Staaten zu stören ( Informationsblockade) oder auch sehr sensible Daten abzufangen.
Die Londoner Denkfabrik Policy Exchange veröffentlichte im Februar 2024 einen Bericht zur Situation der Unterseekabel. Seit 2021 gab es demnach acht „ nicht zugeordnete, aber verdächtige“ Vorfälle beim Durchtrennen von Kabeln in der euro-atlantischen Region“ bei Sichtung von mehr als 70 russischen Schiffen mit „ungewöhnlichem Verhalten in der Nähe kritischer maritimer Infrastrukturen“. Der Bericht bestätigt die Erkenntnisse des Nato Geheimdienstes, demnach die Russen deutlich aktiver geworden sind und auch in die kritische Infrastruktur auf dem Meeresgrund einwirken könnten.
Im Februar diesen Jahres wurden durch Raketenangriff der Huthi-Rebellen auf den Frachter Rubymar augenscheinlich drei Unterseekabel im Roten Meer beschädigt. Das Schiff sank nach dem Einschlag der Rakete, der Anker scheint die Unterseekabel aufgerissen zu haben. Das Internet in Ostafrika fiel für drei Monate aus.
China würde nach Aussagen von Experten nicht zögern, Kabel in den asiatischen Gewässern zu kappen, um „Informationsblockaden“ zu verhängen. So geschehen im `Februar 2023, als ein chinesisches Frachtschiff und ein chinesischer Fischkutter verdächtigt wurden, im Abstand von sechs Tagen zwei Kabel zur Versorgung der taiwanesischen Insel Matsu durchtrennt zu haben. Bewiesen werden konnte dies allerdings nicht, die Insel war jedoch 50 Tage von der Außenwelt abgeschnitten.
In den USA befürchtet man, dass die Kappung von Unterwasserkabeln der Kriegsführung dienen könnte. Die Geheimdiensthistoriker Richard Aldrich und Athina Karatzogianni schreiben dazu:„Der beste Weg, die US-Drohnenflotte zu Fall zu bringen oder das Five-Eyes-Nachrichtensystem zu untergraben, das in hohem Maße von der Internetüberwachung abhängt, wäre ein Angriff auf Unterseekabel.“
Regierungen ringen um Schutzmaßnahmen
Die Nato Partner haben im Mai 2024 ein neues Netzwerk für kritische Unterwasserstrukturen gegründet. Das Digital Ocean Consept plant ein globales Netzwerk von Sensoren vom Meeresboden bis zum Weltraum“, eine EU-Initiative zusätzliche netzwerkfähige „Unterwasserstationen“ zur Aufladung von Batterien und zur Datenübermittlung. Vorerst werden die Luft- und Seepatrouillen in der Nähe aller kritischen Infrastrukturen verstärkt.
Zur Reparatur der Unterseekabel steht eine globale Flotte von 60 Schiffen bereit. Zu wenig, sagen Experten und keines der Schiffe fährt unter Nato-Flotte.
Die USA haben eine sogenannte Kabelsicherheitsflotte gegründet und zahlen Betreibern von Kabelschiffen unter US-Flagge und mit US-Besatzung ein Budget von 5 Millionen USD, wenn sie innerhalb 24 Stunden einsatzbereit sind und auch in „Kriegszeiten“ arbeiten. Die EU muss in diesem Punkt nachbessern.