Die deutsche Regierung plant die Reformierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV), was der zuständigen Medienaufsicht deutlich mehr Handlungsspielraum einräumen könnte.
Die Behörde kämpft seit Jahren mit den Anbietern von Pornoseiten, fordert dort die Überprüfung des Alters von Nutzern mittels biometrischen Scans oder Vorlage des Personalausweises.Ansonsten droht eine Netzsperre. Die großen Anbieter, u.a. Pornhub wehren sich gegen solche „invasiven“ Kontrollen.
Die meistbesuchte Pornosite in Deutschland -xHamster wurde bereits im Frühjahr 2022 mit einer Netzsperre belegt, änderte aber die gesperrte Domain de.xhamster.com in deu.xhamster.com und war praktisch sofort wieder online. Auch Pornhub betreibt sogenannte „alternative „ Domains und wäre bei einer Netzsperre schnell wieder online. Also müssen neue, schneller und besser greifende Gesetze her, um den Jugendschutz im Netz zu gewährleisten.
Gesetzesentwurf: mehr Netzsperren und Zugriff auf Gelder
Netzsperren sind keine neuen Instrumente im Kampf gegen gefährliche oder unerwünschte Inhalte. Die Behörden liefern sich seit Jahren Katz-und-Maus-Spiele um Sperren, neue Domains und weitere Verbote. Sie ordnet nach aufwendigen Verfahren schließlich Netzsperren an, die schnell wieder gegenstandslos sind, da die Anbieter einfach eine neue Domain auf den Markt bringen und weitermachen, ohne Auflagen zu beachten.
Ein neues „Werkzeug“ in der geplanten Gesetzesreform ist die Sperre von „Inhaltsgleichen Angeboten“. Dazu steht im Entwurf, die Sperre wird in Zukunft auch auf Angebote ausgedehnt, die „mit bereits zur Sperrung angeordneten Angeboten ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind“. Die Medienaufsicht soll dann schneller und einfacher Netzsperren verhängen dürfen – ohne erneute Gerichtsverfahren. Dieser Teil der Reform resultiert laut Positionspapier aus den „Erfahrungen der Medienanstalten bei der Durchsetzung von Maßnahmen gegen große Porno-Plattformen“
Ein weiteres, durchaus wichtigeres Werkzeug im Kampf gegen die Pornosites könnten die Behörden bei der Änderung des Gesetzes durch den Zugriff auf Finanzdienstleistungen der Anbieter erhalten. Im Gesetzesentwurf heißt es dazu: “Darüber hinaus kann die zuständige Landesmedienanstalt den am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere den Kredit- und Finanzdienstleistungsunternehmen, […] die Mitwirkung an Zahlungen für diese Angebote untersagen.“
Die Anbieter sind an Zahlungsdienstleister gebunden. Wird hier der Finanzfluss unterbrochen, könnte das für die Betreiber schmerzhafte Folgen haben, denn über diese Unternehmen werden Werbeanzeigen oder Premiumangebote abgewickelt und die „Gehälter“ von selbstständigen Darstellerinnen überwiesen.
Experten bezweifeln Zuständigkeit der Medienaufsicht
Schon länger ist zwischen Medienrechtler eine Diskussion aufgekommen, in der die Zuständigkeit der deutschen Medienaufsicht bei der Regulierung von ausländischen Domains – wie z.B. Pornhub und xHamster – thematisiert wird.
Mark Liesching, Professor für Medienrecht und Medientheorie an der Hochschule für für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, schreibt dazu: „ Grund für den möglichen Wegfall der Zuständigkeit könnte eine für Laien unauffällige, kürzliche Anpassung im deutschen Recht (JMStV) gewesen sein, die sich aufs Zusammenspiel mit dem EU-Recht (AVMD-RL) auswirkt. In der Folge wird demnach das sogenannte Herkunftslandprinzip gestärkt. Und dieses Prinzip besagt: Dienste sollen dort reguliert werden, wo sie auch ihren Sitz haben. xHamster und Pornhub haben Sitze in Zypern, nicht in Deutschland.“ Das ist seine Meinung als Experte.Die endgültige Zuständigkeit werden Gerichte klären, falls es in diesem Bereich Zweifel gibt.
Noch bis Dezember kann der Gesetzesentwurf von Fachleuten und Interessierten kommentiert werden. Dann erst wird über das weitere Vorgehen entschieden.