Schon länger streitet Sony vor Gericht mit dem Schweizer DNS Resolver Quad9 über die Sperrung von Webseiten . Bisher hat sich dieser auf das sogenannte „Providerprivileg“ berufen und die Anordnung für Netzsperren abgelehnt oder nur teilweise durchgeführt.
Jetzt hat das Leipziger Landgericht ein weiteres Urteil gesprochen und stellt fest, dass Quad9 nicht nur ein „Störer“ sondern auch Täter im Sinne einer Urheberrechtsverletzung ist.
Das Gericht verwies auf das Urteil des Landgerichts Köln im September 2022 im Verfahren gegen Cloudflare. Es schrieb in der Urteilsbegründung: „Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie Internetnutzern ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes canna.to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird.“
Das Gericht stellte fest, das Quad9 nicht unter die Definition eines Diensteanbieters nach dem Telemediengesetz (TMG) fällt. Laut Gericht muss ein Diensteanbieter „durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von Informationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten“. Das trifft weder auf Registrare noch DNS-Resolver oder den Admin-C zu.
Den Einwand der Beklagten, dass Sperren nicht gezielt möglich seinen und das Globalität gegeben sein müssen, ließen die Richter nicht gelten und schrieben: „Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt“
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, kann aber von der Klägerin Sony durchgesetzt werden. Dazu muss der Medienriese eine Sicherheitskaution von 100.000 Euro hinterlegen.
Anordnung für Netzsperren schon 2021
Es ist nicht das erste Mal, dass Quad9 von Gerichten Anordnungen erhält. Bereits im Juni 2021 wurde der Resolver im Eilverfahren vom Landgericht Hamburg zu einer Domainsperre verpflichtet.
Jetzt legte das Gericht härte Maßstäbe an. Die Betreiber des Revolvers müssen bei Zuwiderhandlungen ein Ordnungsgeld in Höhe von 250.000 Euro zahlen , alternativ ist eine Haft von 2 Jahren möglich und 80% der Gerichtskosten tragen. Zudem wurde Quad9 „die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt“. Für einen DNS Resolver ist das fast unmöglich, wie auch unabhängige Experten feststellten.
GFF kündigt Berufung an
Die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) hat am3. März eine Berufung am Oberlandesgericht Dresden angekündigt. Felix Reda, Leiter Project Control der GFF schreibt dazu: „Das Landgericht Leipzig hat in erster Instanz ein eklatantes Fehlurteil gefällt. Es behandelt Quad9 so, als würde der Dienst selbst eine Urheberrechtsverletzung begehen, obwohl er bloß einen Webseitennamen in eine IP-Adresse auflöst. Folgt man dieser Argumentation, wäre die urheberrechtliche Haftung völlig neutraler Infrastrukturdienste wie Quad9 sogar strenger als die sozialer Netzwerke, die unter den berüchtigten Artikel 17 der EU-Urheberrechtsrichtlinie fallen.“
Er ergänzt mit dem Hinweis auf das neue Gesetz für digitale Dienste: „Der Digital Services Act stellt unmissverständlich klar, dass die Haftungsregeln für Internetzugangsanbieter auf DNS-Dienste anzuwenden sind. Wir sind zuversichtlich, dass diese Fehlinterpretation der europäischen und deutschen Rechtsgrundlagen vom Berufungsgericht aufgehoben wird“.
Es bleibt abzuwarten, wie Sony und das Oberlandesgericht Dresden reagieren und weiterhin ist kein Ende des Streits in Sicht.