Das Einschreiben ist im postalischen Verkehr immer noch der sicherste Versand von wichtigen Dokumenten. Beim Versand von E-Mails mit sensiblen und termingerechten Dokumenten herrscht aber weiterhin große Unsicherheit über die rechtliche Wirksamkeit. Der Versand von Angeboten, Rechnungen oder auch Kündigungen ist aber auch im digitalen Bereich vom Gesetzgeber geklärt und rechtlich festgeschrieben.
Zu den wichtigsten Fragen im digitalen Dokumentenversand gehört, wann eine E-Mail als „zugegangen“ gilt, wenn sie am letzten Tag eines vorgemerkten Fristablaufs eingehen sollte. Muss der Empfänger die Wirksamkeit der geschäftlichen E-Mail durch das Lesen bestätigen?
Bundesgerichtshof urteilt zum „wirksamen“ Eingang von Geschäftsmails
Der
Bundesgerichtshof ( BGH) hat nun ein grundlegendes Urteil zum Zugang
einer Mail während der gewöhnlichen Geschäftszeiten gesprochen
(Urt.
v. 06.10.2022 – VII ZR 895/21).
Das
Verfahren bezog sich auf eine Klage einer Werkunternehmerin. Über
den Werklohn hinaus forderte die Klägerin eine Schlusszahlung von
14.538,86 und beauftragte Ihren Anwalt mit der Versendung einer Mail
mit einem Vergleichsangebot, in der die Summer der Schlussrechnung
auf 14.347,23 festgelegt war. Diese Mail ging am 14.Dezember um 09.19
Uhr bei der beklagten Firma ein. Am gleichen Tag um 09.56 sendete der
Anwalt einen Widerruf der Abrechnung. Die Firma überwies die
geforderte Summe der ersten Mail von 14.347,23. Die Klägerin
forderte danach weiteren Werklohn ein und klagte vor Gericht.
Die Richter vom BGH mussten nun entscheiden, ob die Vergleichserklärung des Anwalts „ wirksam“ zugegangen ist. Laut der Richter war das in diesem Fall so, denn laut Rechtsprechung ist folgendes bindend : „Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist wird nach § 130 Abs. 1 BGB mit dem Zugang wirksam. Zugegangen ist eine Willenserklärung, wenn sie in den Bereich des Empfängers derart gelangt, dass dieser die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hat. Auf eine tatsächliche Kenntnisnahme kommt es nicht an.“
Die E-Mail gilt als als zugegangen, wenn sie auf dem Mailserver des Absender gespeichert und versandt wurde. Sobald der Empfänger die Mail abrufen kann, ist das jeweilige Dokument zugestellt. Im Fall der Klägerin war die erste Mail nach dem Zugang laut § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht mehr widerruf bar und mittels der Zahlung durch die Beklagte gilt der Vergleich als angenommen.
Im geschäftlichen Mailverkehr beachten
Grundsätzlich gilt: Wir ein E-Mail-Postfach geschäftlich genutzt, gilt eine E-Mail als rechtlich zugegangen, solange dies innerhalb der „gewöhnlichen“ Geschäftszeiten geschieht und sie abrufbar ist. Ob die E-Mail dann auch gelesen wird, ist für die Wirksamkeit des Zugangs unerheblich.