Das freie Internet steht für Selbstregulierung, doch mit fortschreitenden Innovationen, Großangriffen von Hackerkollektiven, einer wuchernden globalen Ökonomie scheint diese Idee nahezu erloschen. Es werden vermehrt Rufe nach Netzregulierung und Überwachung laut und Experten sprechen von einer Zersplitterung in Mini-Internets, dem sogenannten Splinternet.
Seit den 1980er Jahren hat sich das Internet zu dem weltweit wichtigsten Medium entwickelt. Der einst rechtsfreie Raum wurde von einer geschützten Zone zu einem virtuellen Ort, in den immer mehr Organisationen, Behörden und auch Personen eingriffen. Medienriesen wie Google, Facebook und Andere formten diese Landschaft nach Ihren Ideen, setzten eigene Regeln fest, was heute immer deutlicher auf Widerstand trifft. Vor allem die sozialen Medien stehen mehr und mehr wegen fehlender Regeln in der Kritik.
Splinternet: die neue virtuelle Realität?
Die Spaltung des Internets ist schon heute greifbar. Einige Staaten legen eigene Regeln fest, verbieten die Bürgern den Besuch bestimmter Domains, schalten teilweise das Internet ganz ab.Russland hat ein eigenes Domain Name System (DNS) und auf Kuba gab es viele Jahrzehnte nahezu keinen Zugang zum World Wide Web. In anderen Staaten, die autoritär geführt werden, ist der Radius des Internets durch Zensur extrem klein, kaum mehr nutzbar für die Menschen , z.B. im Iran, in Eritrea, Vietnam oder Saudi-Arabien. Kritiker und Journalisten können die Freiheit des geschriebenen Wortes oder eines Videos oft nicht mehr in Anspruch nehmen – weil sie nicht mehr da ist und Suchmaschinen wie Google oder Händler wie Amazon steuern die Nutzer nach Belieben, unterdrücken gleichzeitig auch Mitbewerber.
Das Ergebnis: die Rufe nach mehr Sicherheit im virtuellen Raum, Datenschutz und weniger Fake News werden lauter und immer häufiger in neue Ideen eingebunden. Dazu gehört 5G mit seinen technischen Innovationen und das Internet oft Things (IoT), das die nächste Stufe der virtuellen Technologien markiert. Daraus könnte die Welt der Mini-Internets, das Splinternet entstehen.
IoT Netzwerke: nicht arbeitsfähig durch Regulierung?
Das Internet of Things (IoT)ist die neuste Errungenschaft vieler Unternehmen und Forscher. Es wird in naher Zukunft den Alltag der Menschen bestimmen und nachhaltig verändern. Es ist einem stetigen Wandel unterworfen und erfordert global vernetzte Industrien und Sektorübergreifende Ökosysteme. Doch die Entwicklung zeigt einen Trend von den cloudbasierten, hierarchischen Systemen hin zu autonomen, dezentralen ‚Systems-of-Systems‘, die ohne Cloud arbeiten und sich durch ihre Lernfähigkeiten selbst organisieren. All diese Innovation würde durch ein Splinternet, wie es sich jetzt herauskristallisiert, einen Rückschritt erleben und teilweise sogar unmöglich werden.
Ohne eine globale Vernetzung und weltweit einheitliche Reglementierung ist das IoT nicht voll handlungsfähig und wird zum Spielball politischer Interessen und einer hilflosen Regulierungswut einzelner Regierungen. Zudem wäre die Sicherheit der Systeme gefährdet, was besonders fatal bei kritischen Infrastrukturen, wie Energie, Frühwarnsysteme oder Gesundheit wirken würde. Ein gewünschter und erhoffter Automatisierungsprozess, der besonders bei Monitorings und Frühwarnsystemen für Pandemien und Umweltkatastrophen unerlässlich ist, könnte durch ein Splinternet sehr beeinträchtigt werden.
Es ist wichtig, dem Splinternet entgegenzuwirken, um die Innovationen, die eine technisch geprägte Welt heute benötigt, auch zuzulassen und für Sicherheit und Fortschritt sowie freie Meinungsbildung zu werben. Netzregulierungswut scheint hier fehl am Platz.