Politiker bezweifeln Vorwürfe wegen Landesverrat
Nach einer Anzeige des Bundesamtes für Verfassungsschutz hatte die Bundesanwaltschaft gegen die Journalisten der Blogdomain Netzpolitik.org wegen Landesverrats ermittelt. Angeblich wurden auf dem Politikblog aus internen Akten des Bundesverfassungsschutzes zitiert, was Generalbundesanwalt Harald Range auf den Plan rief, der am 13. Mai 2015 ein Ermittlungsverfahren eröffnete.
Gegenwind von Medien und Politik
Range steht schon länger in der Kritik. Ihm wird vorgeworfen, im Rahmen der NSA Affaire nicht deutlicher zur allgemeinen Aufklärung gedrängt zu haben und jetzt an dem Politblog ein Exempel statuieren zu wollen. Journalisten sprechen von Beschneidung der Pressefreiheit und auch aus der Politik kommt immer massivere Kritik.
Weder für die SPD-Spitze noch für Bundesjustizminister Heiko Maas liegt ein Fall von Landesverrat oder Beschädigung des Ansehens des Staates vor. Das Blog hatte Daten veröffentlicht, die eine Ausweitung der Überwachung in Deutschland dokumentieren. Dieser Auffassung schließt sich neben dem Innenminister Thomas de Maizere auch Bundeskanzlerin Merkel an.
Zudem wurden Forderungen nach dem Rücktritt von Harald Lange laut. Nach dem massiven Druck der Politik hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen vorerst ruhen lassen, äußert sich aber nicht öffentlich zu internen Vorgängen oder dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“, nachdem Range schon frühzeitig von offizieller Seite vor der Eröffnung eines Ermittlungsverfahren gewarnt worden war. Auch über die Position des Generalbundesanwalts wurde bis dato kein Kommentar abgegeben.
Verfassungsschutz oder Bundesanwaltschaft: Wer ist verantwortlich für die Affaire?
Soll an den Journalisten ein Exempel statuiert werden? Fakt ist: Beide versuchen, sich aus der Affaire zu ziehen. Verfassungsschutzpräsident Hans Georg Maaßen hatte die Anzeige an die Bundesanwaltschaft weitergeleitet und die Journalisten von Netzpolitik.org namentlich genannt.
In einer schriftlichen Erklärung hatten sowohl Maaßen als auch die Bundesanwaltschaft betont, gegen „Unbekannt“ zu ermitteln und nicht gegen die Journalisten, da die Presse- und Meinungsfreiheit gewahrt werden müsse. Ob allerdings die Veröffentlichung einen solchen Aufwand rechtfertigt, ist fraglich – angesichts der Maßnahmen, die die Bundesanwaltschaft im Rahmen der gigantischen und deutlich komplexeren NSA-Spähaffaire versäumt hat.
Hackerangriff auf Generalbundesanwalt-Domain
Zudem wurde die Domain der Bundesanwaltschaft gehackt. Die bisher unbekannten Hacker hatten die Seite mit den Pressemitteilungen lahmgelegt, sodass zurzeit keine aktuellen Berichte mehr abgerufen werden können. Die Sprecherin der Bundesanwaltschaft konnte bisher auch nichts über den weiteren Schaden oder eventuellen Datendiebstahl sagen. Es ist auch nicht klar, ob der Hackerangriff im Zusammenhang mit der Netzpolitik.org Affaire steht.
Nachtrag von Domainsmalltalk:
Der Justizminister will Lange in den einstweiligen Ruhestand versetzen.
Ob das jedoch mit den Ermittlungen gegen netzpolitik.org zusammen hängt ist unbekannt.